Anonym surfen: Welche Möglichkeiten gibt es?

Anonym surfen
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Wenn man das World Wide Web betritt, dann kommt man in der Regel nicht als Unbekannter und man verlässt es in der Regel auch nicht als solcher. Es fängt beim Gerät an, mit dem man das Internet ansurft, geht über den einzigartigen Fingerabdruck des eigenen Browsers, bis hin zu den vielen Informationen, die wir Tag für Tag in verschiedene Weboberflächen eintippen: MAC-Adresse, IP-Adresse, Nutzer-IDs, Cookies, Browserverlauf, Suchmaschinen, GPS-Daten, Smart Home-Daten, Soziale Netzwerke, usw. – das World Wide Web ist neugierig und es vergisst nicht.

Gleich mal vorweg: Es gibt viele – gute und legitime – Gründe, dass man im Internet möglichst anonym bleiben möchte – die Recherche über eine Krankheit, Aktivismus gegen Menschenrechtsverletzungen in Ländern, in denen ich deswegen um mein Leben fürchten muss, Whistleblowing oder auch nur deswegen, weil man es satt ist, dass private Firmen wie Google, Facebook und Co. mehr über einen wissen, als meine beste Freundin oder mein bester Freund.

Anonym surfen: Ein relatives Ziel bei der alltäglichen Nutzung des Internets

„Anonymität im Internet“ ist für die meisten Fälle wohl relativ zu definieren: Es kann reichen, dass eine Website nicht weiß, woher jemand kommt und wohin er geht. Dann aber gibt es Szenarien, in denen es wichtig ist, dass nicht auf die wahre Identität des Nutzers rückgeschlossen werden kann. Vollständige und absolute Anonymität im Netz ist sehr schwer herzustellen. Daher zuerst ein Disclaimer: Die folgenden Tipps sind Hilfestellungen, wie man im Internet möglichst wenig über sich preisgibt. Es handelt sich hier aber um keinen Ratgeber, wie man absolute und hundertprozentige Anonymität erreicht, denn das ist äußerst komplex und übersteigt bei Weitem diesen kurzen Überblick.

Tipps für mehr Anonymität im Netz

Die vermutlich einfachste und effektivste Möglichkeit im Internet möglichst große Anonymität zu erreichen, ist die Verwendung des „Tor-Browsers“. Hierbei lädt der Nutzer das Tor-Browser-Bundle aus dem Internet, das einen Tor-Client und eine modifizierte Version von Mozilla Firefox enthält. Das Bundle muss nicht fest am jeweiligen Gerät installiert werden, sondern kann von jedem Wechseldatenträger aus gestartet werden. Der Tor-Browser ist für alle gängigen Plattformen auf dem Desktop und mobiler Geräte kostenlos verfügbar.

Um Anonymität zu gewährleisten, schickt der Tor-Browser die Anfrage des Nutzers nicht direkt an gesuchte Webadresse, sondern über drei zufällig ausgewählte „Tor-Server“. Die Nutzer-Daten werden innerhalb des Tor-Netzwerks verschlüsselt, sodass die angesurfte Website nicht weiß, wer der Nutzer ist und woher dieser kommt. Tor gilt im Allgemeinen als sehr sicher. Bei der Nutzung ist aber mit einigen Einschränkungen zu rechnen: Es kann sein, dass einige Websitendienste aufgrund der implementierten Sicherheitsvorkehrungen nicht richtig funktionieren und dass das Surfen im Netz durch die Umleitungen über die Tor-Server verlangsamt wird. Letzteres hat sich aber in den letzten Jahren stark verbessert.

sicheres internet
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Tipp 1: Tails – maximale Anonymität, ohne dass man dafür ein „Hacker“ sein muss

Noch mehr Sicherheit und Anonymität im Internet als durch die alleinige Verwendung des Tor-Browsers ist durch das Live-Linux-System „Tails“ zu erreichen. „The Amnesic Incognito Live System”, kurz Tails, ist ein „Live-Betriebssystem“, das beim Verbindungsaufbau mit dem Internet ebenso das oben beschriebene Tor-Netzwerk nutzt. Die Vorteile von Tails: Es werden auch jegliche Informationen über das sonst im Alltag vom User verwendete Betriebssystem oder Gerät verschleiert. Allerdings ist die Verwendung von Tails relativ aufwändig und eignet sich wohl nicht für den alltäglichen Einsatz, denn man muss dazu eine ISO-Datei der Tails-Distribution auf einen bootfähigen USB-Stick oder eine CD laden und von dort aus das Gerät booten.

Tipp 2: Das Surfen über einen Proxy-Server

Die Verwendung eines einzelnen Proxy-Servers kann zu mehr Anonymität im Netz führen. Dabei wird die gestellte Suchanfrage des Nutzers nicht direkt vom eigenen Gerät an die gesuchte Website weitergeleitet, sondern über einen anderen Server umgeleitet, sodass die eigene IP-Adresse verschleiert wird. Der Proxy-Server dient als eine Art Vermittlungsinstanz zwischen dem eigenen Computer und dem Webserver.

Der Fallstrick dieser Variante: Man muss dem Anbieter des Proxy-Servers vertrauen, dass dieser die Daten seiner User nicht mitliest, speichert und eventuell preisgibt. Gerade bei der Eingabe Passwörtern beispielsweise fürs Online-Shopping oder Onlinebanking kann dies kritisch sein. Die Auswahl eines Proxy-Serverdienstes sollte daher mit großer Sorgfalt geschehen. Es gibt kostenpflichtige und kostenlose Proxy-Dienste.

Tipp 3: Die Nutzung eines Virtual Private Network (VPN)

Bei der Nutzung eines Virtual Private Network wird gleichsam ein „Tunnel“ aufgebaut, d. h. eine verschlüsselte Verbindung zwischen dem Gerät des Nutzers und einem Server des VPN-Anbieters, sodass der Nutzer nach außen nur mit der Identität (IP-Adresse) des VPN-Dienstes erkennbar ist. Der größte Unterschied zum oben beschriebenen Proxy- Server besteht darin, dass der VPN-Server die Anfragen des Nutzers direkt und verschlüsselt an den Webserver weiterleiten sollte.

In der Praxis kam es aber leider immer wieder vor, dass VPN-Anbieter immer wieder „schummelten“ und User-Daten und User-Netzverhalten speicherten und veräußerten. Auch hier sollte man daher bei der Auswahl des VPN-Anbieter gut recherchieren. Die meisten VPN-Dienste sind kostenpflichtig, aber es gibt auch kostenlose Angebote.

anonymität durch vpn
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Tipp 4: Anonym surfen im öffentlichen WLAN

Ein weitere Möglichkeit beim Surfen im Netz mehr Anonymität herzustellen, ist die Verwendung eines öffentlichen WLANs, da der Nutzer über die IP-Adresse des öffentlichen WLANs surft. Doch sollte bedacht werden, dass die MAC-Adresse des eigenen Geräts und der eigene Fingerabdruck des verwendeten Browsers natürlich weiterhin sichtbar bleiben. Zudem sollte man bei der Verwendung von öffentlichen WLANs auch immer damit rechnen, dass sich Schnüffler dieses Netzwerkes bedienen könnten, um Daten abzufangen.

Tipp 5: Surfen im Internet-Café

Mehr Sicherheit und Anonymität als die Verwendung eines öffentlichen WLANs bietet die Verwendung eines Internet-Cafés. Allerdings gibt es solche Cafés in unseren Breitengraden immer seltener. In Deutschland besteht bei der Nutzung der Internet-Cafés zwar keine Ausweispflicht, dennoch sollte man sich dessen bewusst sein, dass diese Orte in der Regel Videoüberwacht sind.

Tipp 6: Regelmäßiges Löschen des Browserverlaufes

Regelmäßiges Löschen des Browserverlaufes, der Cookies und gespeicherter Websitedaten In der alltäglichen Verwendung des Internets von zuhause aus kann es schon einen großen Zugewinn an Anonymität bedeuten, wenn man den eigenen Browser des Vertrauens so konfiguriert, dass der angelegte Browserverlauf, die gespeicherten Cookies und sonstige Websitedaten regelmäßig – beispielsweise nach jeder Browsersitzung – gelöscht werden. Es gibt für alle gängigen Browser detaillierte Anleitungen im Netz, wo und wie diese Datenschutzeinstellungen im eigenen Browser vorgenommen werden können.

browser anonym surfen
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Einige Browser bringen von vornherein einen eigenen „Inkognito-Mode“ oder „Privacy-Mode“ mit. Diese „Modi“ helfen, die Datenspur im Netz möglichst kurz zu halten. Zwar hat die dauerhafte Verwendung eine solchen Modus den Nachteil, dass etwaige Website-Einstellungen oder Anmeldedaten bei jeder neuen Browsersitzung neu eingegeben werden müssen, aber wer auf Anonymität im Netz wert legt, wird diesen kleinen Mehraufwand auf sich nehmen. Zudem gibt es in allen gängigen Browsern die Möglichkeit, eine „Do not track“ Einstellung zu aktivieren, um zu verhindern, dass das eigene Nutzerverhalten von „Trackern“ über mehrere Websites hinweg mitverfolgt wird.

Schließlich stehen für alle gängige Browser eine Vielzahl von „Privacy-Plugins“ zur Verfügung, die einfach und schnell installiert werden können. Auch hier sollte man vorher ein wenig darüber recherchieren, was das jeweilige Plugin tatsächlich macht und bewirkt.

Anonym surfen: Die gute Mischung macht es aus!

Für die Sicherung der eigenen Anonymität im Netz ist im Alltag eine Kombination verschiedener Maßnahmen, die hier vorgestellt wurden, wohl das Beste und Zielführendste. Je nachdem wie wichtig in einem konkreten Fall die Wahrung der eigenen Identität ist, sollte man Maßnahmen ergreifen, die auch schon mal aufwändiger sein können. Von der Rückeroberung der eigenen Privatsphäre und Anonymität sollte man sich nicht durch Bequemlichkeit abhalten lassen. Wem Anonymität im Netz im Alltag ein Anliegen ist, der sollte zumindest all jene Datenschutzeinstellungen in seinem Browser vornehmen, welche eine größtmögliche Datensparsamkeit herstellen.