Geht es heutzutage eigentlich noch ohne Social Media? In Deutschland muss man dafür eigentlich nur schauen, was Leute machen, die auf die U-Bahn warten, alleine im Café sitzen oder die gelangweilt vom Fernsehen auf dem Sofa fläzen: Wer noch keinen Rentenbescheid sein Eigen nennen darf, beschäftigt sich immer öfter mit Facebook, Instagram, Twitter und Co. Auch was früher die Eckkneipe oder der Abendbrottisch waren, also was Menschen zusammengebracht hat, wird gerne durch die unbegrenzte Welt des digitalen Austausches ersetzt. Großer Vorteil: Die nächste Trendplattform ist immer verfügbar, bietet stets Abwechslung und ist vor allem nie langweilig.
Schnelllebige Netzwerke
Genaue Zahlen, wie viele Menschen in Deutschland Socia Media nutzen, sind schwierig zu bekommen. Oftmals verstecken sich dahinter Schätzungen oder veraltete Statistiken. Eine repräsentative ausführliche Umfrage zur Nutzung, die 2021 herauskommt, wurde 2020 erstellt und basiert auf Befragungen von 2019. Schon zwei Jahre sind hier eher Lichtjahre, gerade weil die technologische Entwicklung so rasant ist. Schnelllebig sind auch die Netzwerke – so fristet das 2010 äußerst populäre Studentennetzwerk Studivz ein Nischendasein und besteht hauptsächlich aus Karteileichen. Dass Tik Tok heute der Renner ist, konnte zur Gründung 2016 kaum jemand ahnen.
Bei jungen Menschen geht ohne Social Media nichts
Grob gesagt sind 80 Millionen Deutsche regelmäßige Internetnutzer. Von diesen nutzt wiederum die Hälfte, also rund 40 Millionen, Social Media. Noch beeindruckender sind die Zahlen bei den jungen Menschen: Zwischen 16 und 24 ist quasi jeder online und etwas mehr als 80 Prozent in Sozialen Medien unterwegs. Die Nutzung von Social Media ist damit kein Trend mehr, nur die Wahl der jeweiligen Netzwerkes macht den Unterschied, wie sich ein Nutzer definiert und was ihn ausmacht.
Facebook weiterhin Marktführer
Spitzenreiter in Deutschland bleibt dabei Facebook – eine Institution, die mit dem Begriff „Soziales Netzwerk“ am ehesten verbunden wird. 32 Millionen haben hier ein Profil, eine Zahl, die seit 2018 weitgehend konstant geblieben ist. Danach folgt das Fotoportal Instagram, 20 Millionen laden hier fleißig Bilder hoch und betrachten andere – mit deutlich steigender Tendenz. Es folgen die Berufsnetzwerke Xing und Linkedin mit 15 und 13 Millionen Nutzer. Eher ein Nischendasein fristet Twitter. Hier tweeten „nur“ rund 2,8 Millionen. Außerhalb der Konkurrenz laufen übrigens Youtube und Whatsapp. Sie haben zwar Abrufe im zweistelligen Millionenbereich, werden aber landläufig nicht als klassische „Soziale Medien“ empfunden.
Pinterest und Tik Tok holen auf
Als „Rising Stars“ gelten mittlerweile das Bildernetzwerk Pinterest und die Videoplattform Tik Tok. Beide kommunizieren allerdings noch keine Zahlen für Deutschland – Branchenkenner sprechen allerdings schon jetzt von acht Millionen Nutzern bei Pinterest und zwei bei Tik Tok.
Technologischer Fortschritt fördert Videonutzung
Als Treiber für die Social Media-Nutzung haben sich in den vergangenen Jahre technologische Entwicklungen verwiesen. So ist die Videonutzung heutzutage einfacher und vor allem schneller möglich als früher. Dank flotten Uploads ist das Teilen eines Videos nichts Besonderes mehr. Das macht eine einfache Nutzung von Videoportalen wie Tik Tok überhaupt möglich und verändert auch das Verwenden von Portalen wie Facebook und Instagram, die zunehmend mehr und mehr von Videos geprägt werden, auch weil sie sich besser mit Werbung verknüpfen lassen. Experten gehen davon aus, dass mittelfristig mehr als 80 Prozent des Contents im Social Media-Bereich aus Videoinhalten besteht.
Portale kopieren sich gegenseitig
Aber nicht nur die Technik allein verändert die Nutzung, eine große Rolle spielt auch das Schielen auf Trends der Konkurrenz. Als Facebook merkte, dass die heute fast bedeutungslose Plattform Snapchat auf kurze nicht zum Speichern vorgesehene Inhalte setzte und damit besonders junge Menschen begeisterte, implementierte man kurzerhand mit „Stories“ eine fast identische Funktion. Auch Youtube scheint interessiert Tik Tok im Blick zu haben: Dort werden kurze Videos neuerdings besonders offensiv auf der Startseite angezeigt und beworben. Dass sich mittlerweile wie bei bei Facebook auch Statusnachrichten erzeugen lassen, ist da schon fast normal geworden.
Ganz vergessen scheint die Anfangszeit von Twitter zu sein. In den Gründertagen waren die Tweets nicht nur mit 140 Zeichen maximal beschränkt, sondern beschränkten sich in der Regel auf nichtssagende Statusmeldungen über das Mittagessen und das Wetter, ohne Bilder und Videos. Heutzutage ist der inhaltliche Austausch viel relevanter und fordert intensive gesellschaftliche Debatten, oft kombiniert mit Videomaterial.
Leichte Kost für die Mehrheit ist die Zukunft
Fest steht: Die Mehrheit der Menschen wird weiter mit „leichten“ Inhalten zu begeistern sein. Besonders privater Inhalt oder zumindest so erscheinender wird eine Rolle spielen. Werbung, die sich nebenbei mit followerstarken Accounts verknüpfen lässt, wird enorme Reichweiten und Klickzahlen generieren – gerade, wenn wie jetzt bereits linerare Fernsehangebote an Beliebtheit einbüßen. User Generated Content wird diesen Platz noch weiter einnehmen.
Virtual Reality und 3D als Innovationen erwartet
Für die Zukunft sind in jedem Fall weitere Innovationen zu erwarten. Spekuliert wird zum Beispiel über den Einsatz von Virtual Reality, die in Form von 3D-Erleben Videoinhalte auf eine neue Stufe stellen wird. Dass entsprechendes technisches Equipment und mobiles Internet immer günstiger und verfügbarer wird, spielt auch hier eine Rolle. Ob dabei alle derzeit etablierten Social Media-Plattformen noch mitmischen werden, ist mehr als fraglich.